Mutige Miesbacher Bürger haben in den letzten Kriegstagen die Sprengung der Johannisbrücke (Verbindung zum Tölzer Berg) verhindert. Daran erinnert uns heute ein Denkmal nahe der Brücke. In ihrer Facharbeit „Denkmäler in Miesbach“ am Miesbacher Gymnasium (1989) berichtet Gertraud Peljak über die Ereignisse bei Kriegsende und über die Entstehung des Denkmals:
2.8. Gedenktafel zur Verhinderung der Sprengung der Schlierachbrücke
Am 1. Mai 1945 wurde auf einen SS-Befehl eine Sprengladung an der Johannisbrücke angebracht und von einem Feldwebel überwacht. Als die Bevölkerung von dem Vorhaben erfuhr, versammelten sich viele Männer, Frauen und Jugendliche an der Brücke, um die Sprengung zu verhindern, Bürgermeister Feichtner und andere Bürger versuchten den Landrat zu überzeugen, von dem Vorhaben abzusehen, was aber nicht gelang. Also mussten die Bürger selbst etwas unternehmen, um die Brücke zu retten. An der Brücke waren auch vier Männer, die unter Einsatz ihres Lebens die Sprengladung, die aus zwei schweren Fliegerbomben und Sprengkörpern bestand, beseitigten und unschädlich machten.
Es waren der Hutfabrikant Kohlndorfer, Oberst a.D. Hailer und die Bergleute Seitz und Förg. Sie konnten auch die Angriffe einiger Offiziere abwehren und schließlich die Sprengladung und andere im Rathaus lagernde Munition wegschaffen. Josef Seitz berichtete später über die Ereignisse folgendes:
„… Ich ging zur Brücke, auf der rechts und links die Ladung lag und zwar waren es Bomben und Sprengladungen, die ausgereicht hätten, auch das Rathaus und die Johannisdrogerie noch schwer zu beschädigen. Links am Brückengeländer lag ein Kabel, das ich mit meinem feststehenden Messer sofort durchschnitt. Der dabeistehende Posten – ich weiß nicht mehr ob von der Feldgendamerie oder der SS – legte sein Gewehr auf mich an. Ich packte ihn und hob ihn auf das Brückengeländer mit der Drohung, ihn hinunterzuwerfen. Auf seine Bitten ließ ich ihn laufen. Er legte aus der Entfernung nochmals auf mich an, aber die bei Sundheimer stehenden Leute kamen und halfen mir. Am Eisplatz stand ein Anhänger voll Munition. Ein Leutnant ‚kam davon her. Er sagte zu mir: „Was machen Sie da? Das sind ja leere Hülsen“, womit er die Bomben auf der Brücke meinte. Ich sagte: „Das machen Sie mir nicht weis.“ Vor dem Rathaus hatte sich eine Menge Leute angesammelt, ich stand unter ihnen. Gegenüber beim Brückenwirt standen zwei SS-Männer und deuteten auf mich. Sie kamen herüber, einer legte auf mich an. Ich schlug ihm die Hand hoch, so daß der Schuß in die Luft girig. Da noch mehrere SS-Männer dazu kamen, musste ich mich ergeben und wurde in den Torbogen des Brückenwirts gestellt und dort bewacht. Nach einiger Zeit kam ein Militärauto, auf das ich verladen und nach Parsberg gebracht wurde, ( … ). Sie banden mir die Hände auf den Rücken, brachten mich zur Auffahrt des Bauernhofs Zehetmaier, wo sie mich an den Füßen aufhängten, schlugen und ungefähr 4 Stunden lang hängen ließen …“
Er wurde dann über Miesbach und Wall nach Rottach gebracht, wo er in der Nacht zum Tode durch den Strang verurteilt wurde. Am nächsten Tag wurde er zum Achensee gefahren, wo sein Urteil vollstreckt werden sollte, aber es gelang ihm vorher die Flucht. Am 1. Mai wurde ebenfalls Oberst Hailer verhaftet, ihm gelang es aber noch im Volksgedränge aus dem Auto zu springen und zu fliehen. Auch für die anderen, die aktiven Widerstand geleistet hatten, wurden Haftbefehle ausgesprochen, allerdings wurden sie nicht mehr ausgeführt, da die Amerikaner kurz vor der Stadt waren und es nicht mehr ratsam erschien, noch Verhaftungen vorzunehmen.
In der Stadtratssitzung am 23.Mai 1985 regte Stadtratsmitglied Karl Brutscher an, eine Gedenktafel für die Personen, die im Jahre 1945 die Sprengung der Schlierachbrücke verhindert hatten, zu errichten. Als Standort dachte er an die neue Grünanlage bei der Brücke Tölzer Straße. Der Stadtrat stimmte dem Vorschlag am 4. Juli 1985 zu und es kam die Anregung, den Stein, auf dem die Tafel bezüglich der StromÜbertragung angebracht war, zu verwenden. Die weitere Gestaltung wurde dem Bauausschuß übergeben. Dieser entschied sich, eine Gedenktafel aus Bronze mit Reliefschrift anfertigen zu lassen. Der Text für die Inschrift sollte folgendermaßen lauten:
Josef Seitz
Karl Förg
Franz Hailer
Anton Kohlndorfer
und weitere Miesbacher Fauen und Männer
bewahrten am 1.Mai 1945 die Johannisbrücke
unter Lebensgefahr vor der Sprengung.
Die Tafel wurde am 15. 0ktober 1985 geliefert und die offizielle Einweihung fand am 7. November 1985 statt. Hierzu wurden auch die Angehörigen der Geehrten, Witwe Magdalena Seitz mit Sohn Josef, Witwe Anna Förg und die Tochter aus 1. Ehe, Frau Elisabeth Siedersbeck, geb. Förg und die Neffen Hubert und Anton Kohlndorfer, eingeladen. Von Herrn Oberst a.D. Hailer konnten keine Angehörigen mehr ermittelt werden. Herr Bürgermeister Schuhbeck begrüßte die Gäste und schilderte den Anwesenden den Verlauf der Verhinderung der Sprengung der Schlierachbrücke.
Den Geehrten und weiteren Miesbacher Frauen und Männern sprach er seine Würdigung und Dank aus:
„In den Wirren der letzten Kriegstage fanden Miesbachs Frauen und Männer die Kraft und den Mut, die unsinnige Sprengung der Brücke zu verhindern. Sie setzten sich für die Allgemeinheit ein, nicht für ihr eigenes Hab und Gut. Sie wussten, dass sie sich damit in Lebensgefahr brachten. Dieser Mut, dass das Leben weitergeht und der Einsatz notwendig ist, verdient unsere Bewunderung. Auch die Nachkriegsgeneration sollte daran erinnert werden.
Aus diesem Grund hat der Stadtrat auf Antrag seines Mitgliedes Karl Brutscher beschlossen, diese Gedenktafel zu errichten, die ich hiermit der Öffentlichkeit vorstelle.“
Die ganze Facharbeit können sie hier nachlesen.
Nachtrag: Der in der Facharbeit erwähnte Taubenbrunnen des Bildhauers Witschel wurde zwischenzeitlich vom Miesbacher Bauhof als Altmetall entsorgt.