Der Miesbacher Stadtrat hat entschieden, keinen Ökostrom zu kaufen. Siehe die Merkur-Berichterstattung:
Allerdings beruhen einige der vorgebrachten Argumente auf zwei gravierenden Irrtümern:
1. Irrtum: Ökostrom verhindert CO2-Ausstoß
Die Frage ist: Wird mit Ökostrom die Menge des regenerativ erzeugten Stromes wirklich höher? Das ist bei den meisten Angeboten nicht der Fall. Der Anteil des Stroms aus erneuerbaren Energien lag 2020 bei 53% (Redaktionsnetzwerk Deutschland, www.rnd.de ). Davon wurden etwa 50% als „Ökostrom“ verkauft (lt. „Herkunftsnachweisregister“, www.hknr.de ) Die Stromanbieter haben also noch gehörig „Luft nach oben“.
Deshalb ist der ohne weitere Kennzeichnung als „Ökostrom“ verkaufte Strom meist nur „umetikettierter“ Strom aus bereits vorhandenen erneuerbaren Energieerzeugern. Die Menge des regenerativ erzeugten Stromes steigt dadurch nicht und es findet damit auch keine zusätzliche CO2 Einsparung statt.
Nur bei Ökostromanbietern mit anerkannten Siegeln wie „Grüner Strom“ oder „Ok-Power-Label“ ist eine Ausbauwirkung in Richtung regenerative Energien einigermaßen gesichert:
https://www.merkur.de/leben/oekostrom-ist-nicht-gleich-oekostrom-zr-90258928.html
Die Stadt hat ein Angebot, bei dem ein Drittel des Stromes aus max. 6 Jahre alten Anlagen stammt, ein weiteres Drittel aus max. 12 Jahre alten Anlagen. Die Mehrheit der SPD-Fraktion hat sich bei der Abstimmung für den Ökostrom mit der so beschriebenen „Neuanlagenquote“ ausgesprochen.
Aber auch dabei entgehen wir der Gefahr der „Umetikettierung“ nicht hundertprozentig: In den letzten 6 Jahren wurden 35% der erneuerbaren Stromerzeuger gebaut, in den letzten 12 Jahren insgesamt 62%. Das Angebot zeigt lediglich, dass der Anbieter nicht schlechter als der Durchschnitt zugebaut hat.
2. Irrtum: Investitionen in PV-Anlagen kosten Geld
„Florian Hupfauer beantragte dagegen, über drei Jahre je 12.000 € … in Fotovoltaik-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden zu investieren.“
Es entsteht der Eindruck, dass solche Investitionen die Stadt wirklich Geld kosten. PV-Anlagen sind aber Investitionen, die eine Rendite abwerfen. Für meine private PV-Anlage rechne ich mit einer 11-jährigen Amortisationszeit. Die Haltbarkeit der Anlage beträgt aber etwa 20 Jahre oder länger. Investitionen in PV-Anlagen wären also ein gutes Geschäft für die Stadt, nicht aber eine einmalige Ausgabe, wie der Vergleich mit den zusätzlichen Stromkosten nahelegt. Dass eine solche Investition – samt Schuldenaufnahme – in der jetzigen Situation des städtischen Haushalts wenig opportun erscheint, steht auf einem anderen Blatt
Fazit:
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Trotz Bedenken ist es sinnvoll, wenn die Stadt Ökostrom mit einem anerkannten Label kauft. Paul Fertl hat recht, wenn er sagt: „Wir haben ja eine Vorbildfunktion.“ Die Stadt könnte dabei ihre Bürger auch über „Ökostrom“ aufklären, der in Wahrheit gar keiner ist.
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Eine Investition in PV-Anlagen bringt der Stadt – langfristig gesehen – keine Ausgaben, sondern Einnahmen. – Vorausgesetzt, die Investition lässt sich von den Schulden her stemmen.
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Eine massive Ausweitung der nicht-fossilen Stromerzeugung im benötigten Umfang wird aber nicht dadurch bewirkt werden, dass wirklicher Ökostrom gekauft wird. Das wird nur dann gehen,
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wenn die Anreize dafür verbessert werden (Novellierung des EEG-Gesetzes),
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wenn Ausbauhürden beseitigt werden (.z.B. die unsägliche 10H-Regel) und
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wenn das Stromnetz ertüchtigt wird (leistungsfähige Nord-Süd-Gleichstrom-Leitungen).
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Dazu brauchen wir eine starke SPD im nächsten Bundestag!